Sonntag, 13. Januar 2013

Von der Zeit

This thing all things devours:
Birds, beasts, trees, flowers;
Gnaws iron, bites steel;
Grinds hard stones to meal;
Slays king, ruins town,
And beats high mountain down.

Diese Rätsel gibt - na?- Gollum Bilbo auf, und dieser löst es nur durch ein Missverständnis.

Die Zeit ist Thema einer Ausstellung im Frankfurter Museum für Kommunikation. In dieses Museum gehen wir am liiieeebsten, sogar an so einem herrlich sonnigen Tag wie heute. Die Ausstellung ist nicht spektakulär (wie z.B. "Satt", davon sprechen wir immer noch), aber sie hat doch meine Gedanken ins Rollen gebracht.

Alles ist der Zeit unterworfen, so wie in Gollums Rätsel. Unerbittlich läuft sie ab und wir modernen Menschen sind dazu verurteilt, sie dauernd sinnvoll zu nutzen, denn wir wissen, dass nichts mehr kommt, wenn unsere Zeit abgelaufen ist.
Die Zeit zu messen und einzuteilen, so dass auch Freizeit als Gegenstück zur Arbeitszeit entstehen kann, ist eine Erfindung des industriellen Zeitalters. Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde durch elektronisches Telegrafieren in ganz Deutschland die Zeit vereinheitlicht. Vorher hatte jede Stadt, jedes Dorf ihre und seine eigene Uhrzeit, nicht absolut divergent, aber nicht normiert. Wenn ich nun diesen Kosmos verlassen und reisen wollte, musste ich mich fortbewegen. Eisenbahnen lösten die Kutschen ab. Ihre Fahrpläne mussten bald minutengenau geplant werden, damit möglichst viele Züge reibungslos fahren und halten konnten. Unsere moderne Beweglichkeit ist ohne das Diktat der Zeit nicht denkbar. Und ist die Möglichkeit zur Bewegung eröffnet, besteht auch eine Verpflichtung, sie zu nutzen. Sonst verpasst man etwas, das in der wenigen Zeit, die einem bleibt, nicht mehr nachzuholen sein könnte.

Tempo empfindet jeder anders. In jeder Situation empfinde ich es anders, je nachdem, ob ich es selbst vorgeben kann oder gelenkt werde. Angemessenes Tempo macht glücklich. Zeit wird erst dann relevant, wenn ich mein Zeitempfinden mit dem anderer Menschen in Einklang bringen muss. "Die Zeit" gibt es also gar nicht, sie ist ein Konstrukt, das es uns Menschen ermöglicht, in dieser Gesellschaft so zusammen zu leben. Zeit waltet in jeder Gesellschaft in unterschiedlicher Weise. Und auch in jedem Leben. Selbstbestimmung heißt im Wesentlichen, seine Zeit "frei einteilen" zu können. Sie dann auch noch gut zu verbringen, ist die Herausforderung schlechthin. In gut, also angenehm oder nützlich, verbrachter Zeit sehen wir einen "Sinn", noch so ein Konstrukt, diesmal eines, das uns hilft, den Gedanken an unsere Sterblichkeit zu ertragen.




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