Sonntag, 30. Dezember 2012

Krass!

Vor einigen Tagen machte ich meiner Verzweiflung über mein Dasein in der Schule Luft und sinnierte so vor mich hin, dass "man" einen Verein gründen müsste, der vorbei an allen Interessengruppen das Wohl der Kinder im Auge hat und die Anpassung des Schulsystems an die Erkenntnisse der Hirnforschung voran treibt.
So schlau wie ich ist Gerald Hüther schon lange. Endlich habe ich ihn mir mal angehört, in dieser grauenvoll geschnittenen Sendung "Precht", deren Machern es nicht genügt, wenn zwei intelligente Menschen sich unterhalten. Das Setting war mir aber bald egal, und ich dachte nur: "Krass! Der sagt wirklich, was er denkt!" Dass das im deutschen Fernsehen erlaubt ist, wusste ich nicht. Naja, wer guckt schon "Precht", die paar Hansels dürfen ruhig mal etwas Ehrliches, Aufrüttelndes hören. Dachte sich die Frau ohne Fernseher, die von ihrem Freund ohne Fernseher den Tipp bekommen hatte, sich diese Sendung mal auf youtube anzusehen.
Am meisten beeindruckt hat mich, dass Hüther davon überzeugt scheint, Einsicht werde die Welt packen und verändern. Das schreibe ich ohne Ironie, seine intellektuelle und emotionale Beteiligung fand ich überwältigend. Und dann erwähnte er noch das Projekt in Thüringen,"Neue Lernkultur in Kommunen", ich musste gleich bei Google nachsehen, was das ist. Danach habe ich Reformschulen in Rheinland-Pfalz gesucht und danach den Computer ausgemacht.
Den Hüther, den lässt man da im fernen Osten ein wenig wursteln, damit er beschäftigt ist. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Hirnforschung ist ja gut und schön, aber die Erkenntnisse umzusetzen ist uns zu teuer. Was das für eine zynische Milchmädchenrechnung ist, hat er schön erklärt.
Und ich? Wie soll ich der totalen Sinnlosigkeit meines Alltags entkommen? Wie soll ich mir schön reden, was ich da täglich mache? Ich brauche doch das Geld und habe nichts anderes gelernt!
Zugegeben, das ist zum Glück leicht übertrieben, aber nur leicht. Ich bin müde, und ich habe Angst vor dem, was noch kommt. "Krass", denke ich, "jetzt habe ich genau geschrieben, was ich denke." Fazit: Man kann vom Fernsehen profitieren, ohne einen Fernseher zu haben. Man kann von Leuten lernen, die gar nicht beabsichtigt haben, einem was beizubringen. Man kann die Hoffnung aufrecht erhalten, ohne dass Grund dazu besteht. 


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